Baris­ta: Man liest es ja immer wie­der von Medi­zi­nern und Psy­cho­lo­gen: Sport und Bewe­gung för­dern erheb­lich die Ent­wick­lung und Gesund­heit von Kin­dern und Jugend­li­chen. Aber was ist, wenn das Herz dabei nicht mitspielt?

Dr. Julia Lem­mer: Sport und Bewe­gung tun immer gut. Nicht nur Kin­dern. Wenn aber, was lei­der öfter als gedacht vor­kommt, ein Kind einen ange­bo­re­nen Herz­feh­ler hat, hieß es frü­her: bloß kei­nen Sport. Das sehen wir heu­te in der Medi­zin und Sport­me­di­zin anders. Die Band­brei­te ange­bo­re­ner Herz­feh­ler ist groß, das erlaubt dann auch Sport, der den Bedürf­nis­sen von Kin­dern ange­passt ist. Dazu geben wir mit unse­rem „Zen­trum uni­ven­tri­ku­lä­res Herz und ande­re kom­ple­xe Herz­feh­ler“ am Deut­schen Herz­zen­trum Mün­chen Hil­fe­stel­lung. Wir arbei­ten hier eng mit betrof­fe­nen Fami­li­en und Pati­en­ten mit einem uni­ven­tri­ku­lä­ren oder ander­wei­tig sehr kom­ple­xen Herz­feh­ler zusam­men. Das beginnt bereits ab der prä­na­ta­len Dia­gno­se und rich­tet sich an Kin­der wie auch an erwach­se­ne Pati­en­ten. Das Spek­trum ist wirk­lich groß.

Was könnt ihr in punk­to Sport betrof­fe­nen Kin­dern raten?

Klar ist, dass nicht jedes betrof­fe­ne Kind alles darf. Wer mit nur einer Herz­kam­mer gebo­ren wur­de, kann kei­nen Hoch­leis­tungs­sport betrei­ben. Und wer dau­er­haft einen Blut­ver­dün­ner ein­nimmt, soll­te sich auch nicht unbe­dingt Boxen oder Kampf­sport aus­su­chen. Aber dar­über hin­aus gibt es vie­le sport­li­che Betä­ti­gun­gen, die auch mit einem Herz­feh­ler in Fra­ge kom­men und Spaß machen. Das alles bespre­chen wir im Ein­zel­fall mit den Fami­li­en und lei­ten dar­aus, wo immer mög­lich, einen jeweils exakt pas­sen­den Weg in den Sport ab.

Seit 2021 gibt es den Kin­der­her­zen-Lauf. Was hat es damit auf sich?

Die Idee zu die­sem Cha­ri­ty-Lauf hat­te Tors­ten Pretzsch, der Grün­der des Aus­dau­er­clubs, einer Online-Com­mu­ni­ty von Lauf­be­geis­ter­ten. Der Kin­der­her­zen-Lauf fin­det jetzt schon zum vier­ten Mal in Fol­ge statt. Mit­ma­chen kann am 17.11. jeder und jede. Egal wel­chen Alters. Und das von über­all, weil es ein vir­tu­el­les Lauf- und Sport­event ist. Von den 15 Euro Start­ge­bühr flie­ßen zehn Euro direkt in die kon­kre­te Pro­jekt­ar­beit des „Zen­trum uni­ven­tri­ku­lä­res Herz“ für Kin­dern mit kom­ple­xen Herz­feh­lern. Letz­tes Jahr kamen so 17.000 Euro zusam­men. Das ist groß­ar­tig, vor allem wenn man bedenkt, dass heu­te herz­me­di­zi­nisch sehr viel mehr mög­lich ist als noch vor 20 Jah­ren. Aber dazu müs­sen wir in der Betreu­ung auch gro­ßen Auf­wand betrei­ben. Etwa indem wir nach meh­re­ren Ope­ra­tio­nen über Jah­re mit den Fami­li­en in Kon­takt blei­ben und für sie rund um die Uhr da sind.

Läufst du selbst am 17. Novem­ber auch mit?

Na klar. Wir haben von unse­rem Zen­trum ein gan­zes Team am Start und sind schon ganz heiß dar­auf los­zu­ren­nen. Eine extra Moti­va­ti­on ist dabei zu sehen, was die Sport­ler rund­her­um alles auf die Bei­ne stel­len. Im letz­ten Jahr hat­te eine Fami­lie ein gan­zes Dorf mobi­li­siert. Jeder, der konn­te, hat­te mit­ge­macht – lau­fend, spa­zier­ge­hend oder sogar fuß­ball­spie­lend. Mich beein­druckt dabei immer am meis­ten, wenn Kin­der für ande­re Kin­der lau­fen. Ein­fach nur schön.