Derzeit überschlagen sich die Ereignisse und Verordnungen zur Eindämmung der 4. Covid-19 Infektionswelle. Dem Sport im Freistaat droht erneut das Aus. Für die Vereine und ihre ehrenamtliche Struktur geht es an die Existenz. Dabei kann und will der Sport Teil der Lösung zum Erhalt eines nachhaltigen Gesundheitssystems sein. Hier eine Einschätzung von TEAM Sport-Bayern zur aktuellen Situation:
Wie bewertet TSB die neuen Auflagen, die ja (zunächst) nur für Bayern gelten?
Die neuerlichen Corona-Verschärfungen aufgrund rasant steigender Infektionszahlen bedeuten enorme Einschnitte für den Sport in ganz Bayern. Gerade der Indoor-Sport droht nun wieder im großen Stile zum Erliegen zu kommen. Ein vollkommenes Herunterfahren des Sports wie vor einem Jahr ist sowohl aus Gründen der körperlichen als auch der psychische Gesundheit nicht akzeptabel.
Dies würde vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu einer Verschärfung von sozialen und gesundheitlichen Problemen führen. Um es ganz klar zu sagen: Sport ist nicht das Problem – Sport ist Teil der Lösung. Wir müssen jetzt durch zusätzliche Schutzmaßnahmen dafür Sorge tragen, dass die Sporträume weiterhin geöffnet bleiben. Dass der Sport konstruktiv dazu beitragen kann, hat er in der zurückliegenden Zeit vielfach unter Beweis gestellt. Der Sport selbst ist allen Statistiken zur Folge kein Treiber der Pandemie. Es ist daher schon enttäuschend, dass der Sport im Vorfeld neuerlicher Corona-Maßnahmen wieder nicht gehört wurde. Die Vereine und Verbände können und wollen ihren Beitrag zur Überwindung der Pandemie, zur Entlastung des Gesundheitssystems und zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten.
Was sind die Folgen für die Vereine insbesondere beim Indoor-Sport?
Die Indoor-Sportarten werden erneut die stärksten Einschränkungen hinnehmen müssen. Insbesondere im Wettkampfbetrieb – bei den Profis genauso wie bei den Amateuren und im Nachwuchs. Die unklaren Vorgaben der letzten Verschärfung Ende Oktober führten zu viel Verunsicherung bei den Verbänden, Vereinen und Sportlerinnen und Sportlern. Als Konsequenz steht zumeist die sehr kurzfristige Absage von Spielen und Wettkämpfen, wodurch der Sportbetrieb nahezu zum Erliegen kommt. Letzten Sonntag führte dies beispielsweise dazu, dass beim Bayerischen Ringer-Verband der Beschluss gefasst wurde, die Nachwuchsligen und die übrigen Kämpfe in den bayerischen Ligen abzusagen. Für den Verlauf dieser Woche haben etliche weitere Sportarten (Fußball, Volleyball, Handball) eine Entscheidung zur Fortführung ihres Spielbetriebes angekündigt. Der Grund: immer neue Auflagen, ständig neu zu erstellende Hygienekonzepte, die jeweils mit den oft völlig überlasteten örtlichen Behörden abgestimmt werden müssen.
All dies kann mit den hauptsächlich ehrenamtlich aufgestellten Sportfachverbänden und Vereinen kaum mehr gestemmt werden. Diesem rasant wachsendem Aufwand stehen dann auch noch stark reduzierte Einnahmen gegenüber, die weit über die Grenzen der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Verbände und Vereine gehen. Das kann und wird nicht mehr funktionieren. In der Konsequenz wird dies bedeuten, dass der Sport in Bayern wohl nur in den professionellen obersten Ligen stattfinden wird, wo durch mediale Vermarktung immerhin so viele Erlöse erzielen werden, dass die Unkosten auch ohne Zuschauer und Catering-Einnahmen einigermaßen gedeckt werden. Dies kann aber aktuell im Fußball nur der Profibereich leisten, für den Amateurbereich und selbst für Großsportarten wie Eishockey, Handball oder Basketball wird die Luft schon sehr dünn, für Sportarten wie Ringen, Schwimmen oder Turnen sieht es nur noch düster aus.
Wie soll die Politik dazu beitragen, um die wirtschaftlichen Schäden in Grenzen zu halten?
Von der Politik wünschen wir uns, in dieser kritischen und vielfach existenziellen Lage die Interessen und Bedürfnisse der Sportfachverbände, und zwar sowohl der kleinen bis hin zu den großen, zu berücksichtigen und die besonderen Belange von Indoor-Sportarten zu berücksichtigen, die seit Beginn der Pandemie schon immer mehr eingeschränkt waren als der Outdoorsport. Dabei würde es schon sehr helfen, wenn die Verlautbarungen zu Verschärfungen auch unmittelbar mit konkreten Ausführungsbestimmungen hinterlegt würden und die Vereine und Verbände nicht wie bisher oft tagelang händeringend auf die Details warten müssen, um entscheiden zu können, wie und ob es weitergehen kann.
Durch ein sehr hohes Maß an zusätzlicher ehrenamtlicher Leistungsbereitschaft der Verbände und Vereine, die ihrerseits den Gürtel deutlich enger geschnallt haben, konnte der Sport bislang am Leben erhalten werden. Wie lange das aber so noch gut geht, kann derzeit keiner abschätzen.
Was fordert TSB jetzt konkret?
TEAM Sport-Bayern fordert in der jetzigen Situation keine zusätzliche finanzielle Förderung für den Sport, wenngleich die bisherigen Angebote und Zugeständnisse nicht ausreichend waren, sondern eine ernst gemeinte und rechtzeitige Beteiligung und vor allem sportfachliche Einbindung der Kompetenz der Sportfachverbände für eine größere Praxisnähe und Planungssicherheit in den Entscheidungen der Politik.
Wir fordern darüber hinaus, dass in dieser existenziellen Situation insbesondere Sport für unsere Kinder und Jugendlichen priorisiert behandelt wird und weiter möglich bleiben soll. Entsprechende Konzepte dazu gibt es im Sport genügend. Neben der zwingend notwendigen Aufrechterhaltung des Kinder- und Jugendsports kommt es nun für die Sportfachverbänden darauf an, endlich eine verlässliche und glaubwürdige Perspektive zu haben.
Sport ist die größte Bürgerbewegung Bayerns. Ihr muss bei all den notwendigen und richtigen Bemühungen im Kampf gegen die Pandemie ein deutlich höherer Stellenwert beigemessen werden als bisher. Wir sind uns sicher, dass wir mit zusätzlichen, mit den Sportpraktikern abgestimmten Schutzmaßnahmen sowie mit steigenden Impfzahlen in der Lage sind, den Sportbetrieb in Deutschland am Laufen halten zu können und gleichzeitig die Pandemie in den Griff zu bekommen.