Das Baye­ri­sche Kabi­nett hat ein ers­tes Moder­ni­sie­rungs­ge­setz mit Schwer­punk­ten auf Bau- und Ver­ga­be­recht beschlos­sen. Wel­che Aus­wir­kung sind dar­aus für den Sport zu erwar­ten? Nach­ge­fragt bei Innen- und Sport­mi­nis­ter Joa­chim Herrmann.

Herr Staats­mi­nis­ter, der Minis­ter­rat in der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung hat jetzt zen­tra­le Vor­ha­ben zum Abbau von Büro­kra­tie und neu­en Wachs­tums­im­pul­sen auf den Weg gebracht. Wel­che Zie­le hat der Frei­staat dabei im Blick?

Joa­chim Herr­mann: Ziel des Frei­staats ist ein star­ker, aber auch ein moder­ner und schlan­ker Staat, in dem die Eigen­ver­ant­wor­tung der Men­schen im Mit­tel­punkt steht. Wir wol­len unnö­ti­ge büro­kra­ti­sche Hemm­schwel­len und Hin­der­nis­se für Unter­neh­men, Ver­ei­ni­gun­gen und Bür­ger besei­ti­gen, wir wol­len das Leben der Men­schen in Bay­ern ein­fa­cher machen.

Heißt das dann auch weni­ger Verwaltung?

Eine leis­tungs­fä­hi­ge Ver­wal­tung ist nicht per se schlecht: Sie sorgt für ein gelenk­tes und gerech­tes Ver­wal­tungs­han­deln. Pro­ble­me tre­ten dann auf, wenn bestehen­de büro­kra­ti­sche Regeln und Vor­schrif­ten nicht mehr den Anfor­de­run­gen der Zeit ent­spre­chen und nicht ange­passt wer­den oder auch ganz ein­fach zu viel regu­lie­ren. Es muss also neu­er Schwung in das Sys­tem kom­men, mit weni­ger Büro­kra­tie und statt­des­sen all­sei­tig mehr Ver­ant­wor­tung, Ver­trau­en und ins­be­son­de­re Bür­ger­freund­lich­keit. Gera­de der Ermög­li­chungs­ge­dan­ke muss wei­ter gestärkt werden.

Im Bau­ord­nungs­recht sol­len Bau­vor­ha­ben bis zu bestimm­ten, deut­lich groß­zü­gi­ger als bis­her aus­ge­stal­te­ten Grö­ßen­klas­sen ver­fah­rens­frei gestellt wer­den. Wel­che Impul­se ver­spre­chen Sie sich davon für den Sport, den Sport­stät­ten­bau und dazu gehö­ri­ge bau­li­che Infra­struk­tur von Vereinen?

Die geplan­ten umfang­rei­chen Erleich­te­run­gen im Bau­ord­nungs­recht sol­len der Bau­wirt­schaft ins­ge­samt neue Impul­se ver­lei­hen, wer­den dabei aber sicher auch das eine oder ande­re Bau­vor­ha­ben eines Sport­ver­eins ver­ein­fa­chen.  Zum Bei­spiel sol­len Gast­stät­ten statt wie bis­her bei mehr als 40 Gast­plät­zen künf­tig erst bei mehr als 60 oder – wenn sie erd­ge­schos­sig sind – sogar erst bei mehr als 100 Gast­plät­zen Son­der­bau­ten sein. Ent­schei­den­de Impul­se für die bau­li­che Infra­struk­tur der Sport- und Schüt­zen­ver­ei­ne hat die Staats­re­gie­rung jedoch bereits im Jahr 2019 mit der Ein­füh­rung des Son­der­för­der­pro­gramms für den ver­eins­ei­ge­nen Sport­stät­ten­bau gesetzt, das nach wie vor her­vor­ra­gend ange­nom­men wird und einen regel­rech­ten Bau­boom bei den Ver­ei­nen aus­ge­löst hat.

Was bedeu­ten die neu­en Regeln für die Durch­füh­rung von Ver­eins­fes­ten, Umzü­gen und den Bau von Büh­nen und tem­po­rä­ren Tribünen?

Mit den neu­en Regeln für Ver­eins­fes­te ver­wirk­li­chen wir den Grund­satz „Ver­trau­en bekommt, wer Ver­trau­en ver­dient“. So reicht bei ehren­amt­lich durch­ge­führ­ten, regel­mä­ßig wie­der­keh­ren­den gleich­ar­ti­gen Ver­an­stal­tun­gen wie zum Bei­spiel das jähr­li­che Som­mer­fest eines Sport­ver­eins künf­tig eine ein­ma­li­ge Anzei­ge, sobald sol­che Ver­an­stal­tun­gen wie­der­holt bean­stan­dungs­frei abge­lau­fen sind. Sie müs­sen also künf­tig nicht erneut geneh­migt wer­den, son­dern kön­nen nach Maß­ga­be der bis­he­ri­gen Geneh­mi­gung statt­fin­den. Ver­ein­facht wer­den soll auch die Errich­tung von Zel­ten, Büh­nen oder Tri­bü­nen. Die­se soll künf­tig ver­fah­rens­frei mög­lich sein, soweit es sich nicht um soge­nann­te flie­gen­de Bau­ten han­delt. Die Erleich­te­rung soll ins­be­son­de­re für Volks- und Ver­eins­fes­te greifen.

In Bay­ern wird auch das Ver­ga­be­recht neu­ge­stal­tet. Unter­halb der EU-Schwel­len­wer­te soll ab 2025 das Aus­schrei­bungs- und Ver­ga­be-Pro­ce­de­re erheb­lich beschleu­nigt wer­den. Wo sehen Sie dabei beson­de­re Vor­tei­le auch für den Sport?

Die neu­en libe­ra­len Rege­lun­gen für Auf­trä­ge unter­halb der EU-Schwel­len­wer­te wer­den das Bau­en gera­de im kom­mu­na­len Bereich deut­lich beschleu­ni­gen. Dies dürf­te sich auch posi­tiv auf die kom­mu­na­le Sport­stät­ten­in­fra­struk­tur aus­wir­ken, die ja vie­le Ver­ei­ne mitnutzen.

Der Minis­ter­rat hat auch weit­rei­chen­de Erleich­te­run­gen für das Ehren­amt beschlos­sen. War­um ist das Ehren­amt so wich­tig für die Gesell­schaft und wel­che recht­li­chen Anpas­sun­gen haben Sie dabei vor allem im Blick?

Das Ehren­amt hat in Bay­ern eine lan­ge Tra­di­ti­on und ist eine tra­gen­de Säu­le unse­rer Gesell­schaft, beson­ders im Bereich des Sports. 41 Pro­zent aller Bür­ge­rin­nen und Bür­ger älter als 14 Jah­re enga­gie­ren sich in Bay­ern ehren­amt­lich. In der Baye­ri­schen Ver­fas­sung haben wir aus­drück­lich fest­ge­legt, den ehren­amt­li­chen Ein­satz für das Gemein­wohl zu för­dern und zu unter­stüt­zen. Wir ver­ein­fa­chen und stär­ken das ehren­amt­li­che Enga­ge­ment in Bay­ern, indem wir dere­gu­lie­ren und ent­bü­ro­kra­ti­sie­ren. Mit dem geplan­ten Gesetz zur Erleich­te­rung des Ehren­amts set­zen wir das in die Tat um. Wir ändern gezielt vie­le baye­ri­sche Geset­ze und Ver­ord­nun­gen, damit die­se Vor­schrif­ten dann auch ehren­amts­freund­lich voll­zo­gen wer­den können.

Dar­über hin­aus berei­ten wir im Minis­ter­rat auch Bun­des­rats­an­trä­ge vor, um auf die nächst­mög­li­chen Steu­er­ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren des Bun­des Ein­fluss zu neh­men. Das Ziel ist dabei, das Ehren­amt auch steu­er­lich stär­ker als bis­lang zu för­dern und die Arbeit der gemein­nüt­zi­gen Ver­ei­ne zu erleich­tern. Seit jeher ist es ein zen­tra­les Anlie­gen der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung, die Ver­eins­be­steue­rung zu ver­ein­fa­chen, Ver­bes­se­run­gen für das Ehren­amt zu errei­chen und den büro­kra­ti­schen Auf­wand zu verringern.

Wor­auf zielt die Neu­fas­sung des Kos­ten­pri­vi­legs für das Ehrenamt? 

Über eine Ergän­zung des Baye­ri­schen Kos­ten­ge­set­zes kön­nen ehren­amt­li­che Ver­an­stal­tun­gen, die im Gemein­wohl­in­ter­es­se durch­ge­führt wer­den, auch finan­zi­ell ent­las­tet wer­den. Kos­ten, die not­wen­dig bei sol­chen Ver­an­stal­tun­gen anfal­len, sol­len dem­nach ganz oder teil­wei­se nicht erho­ben wer­den. Oder sie kön­nen spä­ter erlas­sen oder erstat­tet wer­den. Wir wol­len eine inhalt­lich gleich­lau­ten­de Vor­schrift auch in das Baye­ri­sche Feu­er­wehr­ge­setz auf­neh­men, um auch hier die Ehren­amts­pri­vi­le­gie­rung abzu­bil­den. Das kann ins­be­son­de­re für die Kos­ten der Feu­er­wehr zum Bei­spiel bei der Beglei­tung von Umzü­gen, Mai­baum­auf­stel­lun­gen oder ähn­li­chem von Bedeu­tung sein.

Ehren­amt­li­che Ver­eins­vor­stän­de sehen sich gera­de in Groß­ver­ei­nen mit Spit­zen­sport­per­spek­ti­ve immer grö­ße­ren zivil­recht­li­chen Haf­tungs­ri­si­ken aus­ge­setzt. Wie kann die Rechts­si­cher­heit für das Ehren­amt gestärkt werden?

Es ist uns wich­tig, für ehren­amt­li­che Ver­eins­vor­stän­de und ‑mit­glie­der Haf­tungs­er­leich­te­run­gen zu schaf­fen. Die stets dro­hen­de zivil­recht­li­che Haf­tung von Ehren­amt­li­chen schreckt vie­le davon ab, ein Ehren­amt aus­zu­üben. Wir beab­sich­ti­gen, den Haf­tungs­frei­stel­lungs­be­trag auf Tätig­kei­ten zu erwei­tern, die mit bis zu 3.000 Euro jähr­lich ver­gü­tet wer­den. Damit kann ein ange­mes­se­ner Aus­gleich zwi­schen den Inter­es­sen des Ver­eins und den Enga­gier­ten erreicht wer­den. Die Haf­tung von Ehren­amt­li­chen ist im Bür­ger­li­chen Gesetz­buch gere­gelt. Da es sich hier­bei um Bun­des­recht han­delt, kann die­ses Vor­ha­ben nur über eine Bun­des­rats­in­itia­ti­ve ver­folgt wer­den. Dar­an arbei­ten wir mit Nachdruck

Wie sehen Sie ins­ge­samt den Sport auf dem Moder­ni­sie­rungs­kurs des Frei­staats posi­tio­niert und wie ste­hen Sie dabei mit den Ver­bän­den im Austausch?

Der Frei­staat Bay­ern unter­stützt den orga­ni­sier­ten Sport in Bay­ern jähr­lich mit erheb­li­chen Mit­teln und ermög­licht so ins­be­son­de­re auch die Schaf­fung zeit­ge­mä­ßer und zukunfts­fä­hi­ger Struk­tu­ren für das Sport­land Bay­ern. Ins­be­son­de­re die neue ziel­ori­en­tier­te Bud­get­för­de­rung bie­tet den Ver­bän­den viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten ihren Sport­be­trieb den moder­nen Anfor­de­run­gen anzu­pas­sen. Die zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel hat der Baye­ri­sche Land­tag für den Dop­pel­haus­halt 2024/2025 trotz ins­ge­samt her­aus­for­dern­der Haus­halts­la­ge noch­mals deut­lich erhöht. Ein regel­mä­ßi­ger Aus­tausch zwi­schen allen Ebe­nen ist Vor­aus­set­zung für bes­te Lösun­gen im Sin­ne des Sports.

Mehr zum ers­ten Moder­ni­sie­rungs­ge­setz im Frei­staat erfah­ren: https://www.bayika.de/bayika-wAssets/docs/aktuelles/2024/2024–06-25_Pressemitteilung-Bayerische-Staatsregierung.pdf