Die Digitalisierung kommt endgültig auch im Vereinsrecht an. Waren virtuelle oder hybride Mitgliederversammlungen bisher nur über eine entsprechende Satzungsregelung möglich, erleichtert eine Gesetzesänderung zukünftig die rechtssichere Durchführung solcher Versammlungen.
Die Durchführung von Mitgliederversammlungen ist durch das Vereinsrecht geregelt. Dazu gehört auch die Anwesenheit einer Mindestzahl von Mitgliedern am Versammlungsort. Während der Pandemie hatte der Gesetzgeber vorübergehend Erleichterungen für die virtuelle Durchführung von Mitgliederversammlungen für Vereine und Verbände beschlossen. Diese Regelungen liefen zum 1. September 2022 aus, sodass bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 20.03.2023 die Rechtslage aus Prä-Covid-Zeiten galt, in der virtuelle oder hybride Mitgliederversammlungen gesetzlich nicht vorgesehen waren, sondern ausschließlich auf Grundlage entsprechender Satzungsregelungen möglich waren.
Bundestag und Bundesrat haben nunmehr beschlossen, hybride und virtuelle Mitgliederversammlungen für Vereine in § 32 BGB ausdrücklich auch ohne eine entsprechende Satzungsgrundlage zu erlauben. Absatz 2 der Vorschrift wird künftig lauten:
„Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“
Mehr Flexibilität für die Durchführung von Mitgliederversammlungen
„Der Gesetzgeber reagiert mit der Neufassung des § 32 BGB auf die fortschreitende Digitalisierung. Nach guten Erfahrungen mit den übergangsweise geltenden Regelungen zu digitalen und hybriden Mitgliederversammlungen während der Corona-Pandemie wird nun der Weg für dauerhafte Flexibilität bei der Durchführung von Mitgliederversammlungen deutscher Vereine und Verbände geebnet“, erklärt Carlo Schick, Sportrechtsexperte und Rechtsanwalt im Dispute-Resolution-Team von Pinsent Masons in München.
„Eine Teilnahmemöglichkeit der Mitglieder vor Ort ist über die hybriden Veranstaltungen, zu denen Vereine und Verbände ohne vorherige Zustimmung der Mitglieder laden können, weiterhin gesetzlich vorgesehen“, so Schick. „Für die Durchführung rein virtueller Versammlungen genügt künftig anstelle einer Satzungsänderung ein ordnungsgemäßer Mitgliederbeschluss.“
Insbesondere überregionalen Vereinen oder Verbänden kämen die gesetzlichen Erleichterungen zu Gute. Vor allem würden die Mitgliederrechte gestärkt. Schick: „Weil über die Neuregelung eine rechtssichere virtuelle Teilnahme an Sitzungen der Vereins- oder Verbandsorgane möglich wird, kommen künftig auch nicht am Sitz des Vereins ansässige Mitglieder für Positionen in Vereinsorganen in Betracht.“