Oli­ver Zeid­ler (24) hat sport­lich nah am Was­ser gebaut: Erst als ein erfolg­rei­cher Schwim­mer, dann stieg er 2016 mit 20 Jah­ren ins Ruder­boot um und star­te­te im Einer eine blitz­schnel­le Kar­rie­re bis in die Welt­spit­ze – im Boot wie auf dem Ruderergometer.

Schon drei Jah­re spä­ter wur­de er 2019 Welt­meis­ter und sicher­te sich damit das Olym­pia-Ticket für Tokio. In die­sem Jahr wur­de der Aus­nah­me­sport­ler aus Erding zum zwei­ten Mal Euro­pa­meis­ter im Einer und bei den drei World-Cups 2021 erkämpf­te er bei den vor­olym­pi­schen Test­läu­fen zwei­mal Gold und ein­mal Bron­ze. Das muss man ihm erst­ein­mal nach­ma­chen. Moti­va­ti­on, Ehr­geiz und sein star­ker Hang zur Per­fek­ti­on sind sei­ne Triebfedern.

Olym­pia immer im Hinterkopf

Sein Ver­ein ist der Donau-Ruder-Club Ingol­stadt. Sein Trai­nings­re­vier ist die Olym­pia-Regat­ta­an­la­ge in Mün­chen. Hier ist Olym­pia immer im Hin­ter­kopf dabei.

Für die Ruder­welt ist Oli­ver Zeid­ler ein Sym­pa­thie­trä­ger. Bei der Gala „Sport­ler des Jah­res 2019“ wur­de Ruder-Welt­meis­ter Oli­ver Zeid­ler am 15. Dezem­ber 2019 sogar zum „New­co­mer des Jah­res“ gekürt.

Bei sei­nen Ren­nen sind die Live-Kom­men­ta­to­ren immer wie­der ver­wun­dert, wie unan­ge­strengt es aus­sieht, wenn Oli­ver Zeid­ler wie­der einem Sieg ent­ge­gen­ru­dert. Aber dahin­ter ste­cken eine enor­me Kraft, eiser­ne Dis­zi­plin, ein unbän­di­ger Wil­le zum Sieg und ein gutes Gefühl für sei­ne Taktik.

Sport in den Genen

Irgend­wann muss­te das Ruder-Gen in ihm durch­bre­chen. Aber das dau­er­te sei­ne Zeit. Als Jun­ge setz­te ihn sein Groß­va­ter – und frü­he­rer Ruder-Star Johann Fär­ber – ins kipp­li­ge Ruder­boot. „Ich bin gleich ins Was­ser gefal­len.“ Das war es dann. Oli­ver Zeid­ler (Jahr­gang 1996) ging lie­ber zu den Schwim­mern bei der SG Stadt­wer­ke Mün­chen. 2014 und 2015 wur­de er Deut­scher Meis­ter sei­nes Jahr­gangs und bei den Jugend-Euro­pa­meis­ter­schaf­ten über 100 Meter Frei­stil kam er bis ins Halb­fi­na­le. Olym­pia – das war auch schon als Schwim­mer sein ehr­gei­zi­ges Ziel. Doch dann lös­te sich sei­ne Trai­nings­grup­pe bei der SG Stadt­wer­ke Mün­chen auf. Oli­ver Zeid­ler hör­te Ende 2016 mit dem Schwim­men auf und stieg mit 20 Jah­ren ins Ruder­boot. „Ich habe mei­nen Vater gefragt, ob er mir Rudern bei­brin­gen kann.“ Den Ruder­ergo­me­ter als Tro­cken­übung kann­te er schon. Als jugend­li­cher Schwim­mer hat­te er dar­auf im hei­mi­schen Fit­ness­raum trai­niert. Und natür­lich hat­te er auch im Ruder­boot sofort Olym­pia fest im Blick.

Wenn der Vater mit dem Soh­ne… Bei den Zeid­lers kom­men dabei ganz gro­ße Titel raus. Trai­ner Hei­no Zeid­ler über das Talent sei­nes Sohns Oli­ver: “Sein Bein­stoß war so stark, dass das Boot immer gesprun­gen ist. Da wuss­te ich: Wenn man das ins Was­ser bringt, ist es eine Rakete!”

Die Sport­welt staunt: Ein Quer­ein­stei­ger zieht durch

Dann ging es Schlag auf Schlag: Gold bei den World Games 2017 im Ergoru­dern und im sel­ben Jahr wur­de er Vize­eu­ro­pa­meis­ter bei den U23-Euro­pa­meis­ter­schaf­ten. 2018 star­te­te Oli­ver Zeid­ler zum ers­ten Mal bei den Welt­cup­ren­nen und hol­te sich gleich den Gesamt­welt­cup im Einer. Nur drei Jah­re nach dem ers­ten Ruder­trai­ning wur­de er 2019 erst Euro­pa­meis­ter und dann mit drei Hun­derts­tel Sekun­den Vor­sprung Welt­meis­ter. Die­ses Jahr wur­de er wie­der Euro­pa­meis­ter und gewann zwei­mal Gold und ein­mal Bron­ze bei den drei Weltcups.

Die Sport­welt staun­te über die­sen Senk­recht­start in eine ganz neue Sport­art. Klar: Oli­ver Zeid­ler hat das Ruder-Gen. Er stammt aus einer höchst erfolg­rei­chen Ruder-Familie.

Sein Vater Hei­no Zeid­ler ist sein Trai­ner. Der Groß­va­ter Hans-Johann Fär­ber trai­niert Ollis Schwes­ter Sophie, eben­falls eine erfolg­rei­che Renn­ru­de­rin. Groß­va­ter Fär­ber wur­de 1972 auf der Regat­ta­an­la­ge in Mün­chen  Olym­pia­sie­ger im Vie­rer mit Steu­er­mann – dem legen­dä­ren „Bul­len-Vie­rer“. Vater Hei­no Zeid­ler war 1994 WM-Vier­ter im Zwei­er mit Steu­er­mann. Sein Onkel Mat­thi­as Unge­mach wur­de 1990 Welt­meis­ter im Ach­ter und 1991 im Vie­rer mit Steu­er­mann, und Tan­te Judith Zeid­ler wur­de 1988 Olym­pia­sie­ge­rin im DDR-Ach­ter. Sei­ne jün­ge­re Schwes­ter Marie-Sophie Zeid­ler gewann bei den Junio­rin­nen schon WM- und EM-Medaillen.

Beim Trai­ning auf der Olym­pia-Regat­ta­an­la­ge in Mün­chen: Oli­ver Zeid­ler und sein Trai­ner und Vater Hei­no Zeid­ler. (Foto: W. Bock)

Neben­her auch noch ein Dua­les Studium

Oli­ver Zeid­ler begann 2016 ein Dua­les Stu­di­um im Bereich Steu­er­recht. „Ich habe das Glück, dass mich mein Arbeit­ge­ber unter­stützt. Deloit­te ist seit ver­gan­ge­nem Jahr auch Part­ner im Team Deutsch­land. Da passt es natür­lich gut in die Fir­men­stra­te­gie, wenn sozu­sa­gen ein Eigen­ge­wächs dabei ist. Ich habe eine redu­zier­te Stun­den­zahl und wer­de teil­wei­se frei­ge­stellt, für die Olym­pia-Vor­be­rei­tung ab Juni dann komplett.“

Und sein Ziel für die Olym­pi­schen Spie­le in Tokio? „Es ist in Tokio wie bei jedem Ren­nen: Wenn ich hin­fah­re, möch­te ich auch gewin­nen. Ich wün­sche mir, dass ich mit einer Medail­le um den Hals aus dem Flug­zeug stei­ge und mit vie­len Men­schen fei­ern kann. Das wäre opti­mal und geht natür­lich nur, wenn die Pan­de­mie bis dahin im Griff ist. Aber die Aus­sicht auf eine Fei­er im klei­nen Kreis mit der Fami­lie ist auch schon ein guter Ansporn.“

Ruder­fa­mi­lie Zeid­ler: Oli­ver Zeid­ler, Schwes­ter Sophie Zeid­ler, Vater Hei­no Zeid­ler, Groß­va­ter Johann Fär­ber. (Foto: W. Bock)

Bei den Olym­pi­schen Spie­len in Tokio ist Oli­ver Zeid­ler nicht der ein­zi­ge baye­ri­sche Rude­rer: Auch Felix Wim­ber­ger (31) vom Pas­sau­er Ruder­ver­ein darf mit­rei­sen. Mit Felix fährt ein inter­na­tio­nal höchst erfah­re­ner Rude­rer zum zwei­ten Mal nach 2016 zu den Olym­pi­schen Spie­len. Die­ses Mal als Ersatz für den Deutschland-Achter.

Felix Wim­ber­ger vom Pas­sau­er Ruder­ver­ein hält sich in Tokio als Ersatz für den Deutsch­land-Ach­ter bereit. (Foto: rudern.de)

2008 star­te­te Feix Wim­ber­ger sei­ne inter­na­tio­na­le Erfolgs­se­rie: Damals gewann er mit dem Ach­ter bei den Junio­ren-Welt­meis­ter­schaf­ten. Immer wie­der wech­sel­te er zwi­schen dem Ach­ter und dem Vie­rer. 2014 trat Felix Wim­ber­ger mit dem Deutsch­land-Ach­ter an und gewann Gold bei den Euro­pa­meis­ter­schaf­ten sowie Sil­ber hin­ter dem bri­ti­schen Ach­ter bei den Welt­meis­ter­schaf­ten. Seit­dem gehört er in unter­schied­li­chen Boo­ten zum Team des Deutsch­land-Ach­ters. Bei den Olym­pi­schen Spie­len 2016 erreich­te er im Vie­rer ohne Steu­er­mann den 12. Platz. Bei den Euro­pa­meis­ter­schaf­ten 2021 war sein Vie­rer vom Pech ver­folgt. Es waren jeweils nur Hun­derts­tel Sekun­den, die sein Boot vom Fina­le trenn­ten. Dass er in die­sem hart umkämpf­ten Ach­ter als ein­zi­ger Ersatz mit nach Tokio fah­ren darf, ist schon eine rie­si­ge Aus­zeich­nung für Felix Wimberger.
Wil­li Bock