Die zwei­ten Olym­pi­schen Som­mer­spie­le auf deut­schem Boden sind das ers­te Welt­ereig­nis in der noch jun­gen Bun­des­re­pu­blik. Mün­chen 72 bie­tet die ein­ma­li­ge Chan­ce, das moder­ne Deutsch­land vor­zu­zei­gen. Für die Bun­des­bür­ger ist Olym­pia, was für die Ame­ri­ka­ner die Mond­lan­dung war – ein Auf­bruch in eine neue Zeit, dem die gan­ze Nati­on ent­ge­gen­fie­bert. Alle wol­len zum Gelin­gen der hei­te­ren Spie­le bei­tra­gen: berühm­te Ath­le­ten, unbe­kann­te Hel­fer und Hos­tes­sen. Es soll ihr deut­scher „Sum­mer of Love“ werden.

„Mün­chen 72 – ein deut­scher Som­mer“ von Mar­kus Brauck­mann und Pro­fes­sor Gre­gor Schöll­gen (DVA, 2022, 368 S., 25 Euro) erzählt die Geschich­te und Geschich­ten hin­ter dem Sport­fest. Von Deutsch­land West und Ost, von „Wil­ly wäh­len“ und all­täg­li­chem Ras­sis­mus, von Mode und Musik, von Auf­klä­rung und Sex. Von Frie­den und Krieg – und vom Ter­ror­an­schlag auf die israe­li­sche Mann­schaft, der über Nacht die Erin­ne­rung an die Olym­pi­schen Spie­le von Ber­lin 1936 wach­rief. Ein packen­des Lese­er­leb­nis (nicht nur) für Sportfans.

Die Olym­pi­schen Spie­le haben in Mün­chen in viel­fa­cher Hin­sicht Geschich­te geschrie­ben und prä­gen bis heu­te das Bild der Stadt in der Welt.

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“Olym­pia 72 – Geschich­te geschrie­ben zwi­schen Begeis­te­rung und Tragödie”

So auf­re­gend wie die Mond­lan­dung: Die Olym­pi­schen Spie­le 1972 in Mün­chen sind auch nach 50 Jah­ren immer noch ein unver­ges­se­nes Welt­ereig­nis. War­um das so ist, weiß Mar­kus Brauck­mann, der gemein­sam mit dem His­to­ri­ker Pro­fes­sor Gre­gor Schöll­gen in dem neu­en Buch „Mün­chen 72 — Ein deut­scher  Som­mer“  Sport- und Zeit­ge­schich­te ein­drucks­voll Revue pas­sie­ren lässt.

Herr Brauck­mann, wie­so waren die Olym­pi­schen Spie­le 1972 in Mün­chen so ein bedeu­ten­des Ereig­nis für Deutsch­land und die Welt?

Mar­kus Brauck­mann: Die Bun­des­re­pu­blik hat­te erst­mals die gan­ze Welt zu Gast. Und das gera­de ein­mal 27 Jah­re nach dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges und des Holo­caust. Da boten die Olym­pi­schen Som­mer­spie­le als welt­wei­tes Schau­fens­ter eine Chan­ce, die man nur sel­ten bekommt. Allei­ne zur Eröff­nungs­fei­er rech­ne­te man mit einem Fern­seh­pu­bli­kum von einer Mil­li­ar­de Zuschau­ern, sei­ner­zeit unge­fähr ein Vier­tel der Mensch­heit. Des­halb lau­te­te vor Mün­chen 72 die Leit­fra­ge: Wel­ches Deutsch­land zei­gen wir vor? Die Ant­wort der Macher: ein geläu­ter­tes, moder­nes, fried­li­ches Land, das dazu­ge­lernt hat.

Wel­che Sportler:innen sind bis heu­te im kol­lek­ti­ven Gedächt­nis geblie­ben, weil sie die Welt bewegt haben?

Mehr Frau­en als Män­ner, auch wenn von Gleich­be­rech­ti­gung damals kei­nes­wegs die Rede sein konn­te. Hei­de Rosen­dahl ist bis heu­te das bun­des­deut­sche Gesicht der Spie­le. Sie hol­te im Weit­sprung die ers­te Gold­me­dail­le der Gast­ge­ber und war die sieg­rei­che Schluss­läu­fe­rin beim dra­ma­ti­schen Finish der Sprint­staf­fel. Ulri­ke Mey­fahrth schrieb mit 16 Jah­ren ein Mär­chen, das sie bereits an einem ein­zi­gen Abend zu einer Legen­de mach­te. Und wer uns beson­ders impo­nier­te, war die DDR-Tur­ne­rin Karin Janz, die erfolg­reichs­te Teil­neh­me­rin bei­der deut­schen Staa­ten in Mün­chen. Sie schaff­te spä­ter noch eine zwei­te Welt­kar­rie­re als Medi­zi­ne­rin. Eine beein­dru­cken­de Frau!

Die Olym­pi­schen Spie­le in Mün­chen soll­ten die hei­te­ren Spie­le wer­den und wur­den überschattet von einem schreck­li­chen Ter­ror­an­schlag. Wie beschrei­ben Sie die­ses Zusam­men­spiel in der Rückschau?

 Es ist und bleibt die gro­ße Tra­gö­die der Gene­ra­ti­on Mün­chen 72, dass alle ihre Anstren­gun­gen, alle ihre Lei­den­schaft vom Atten­tat überschattet wur­den. Es gibt ja die­ses berühm­te Zitat, dass es die schöns­ten Olym­pi­schen Spie­le waren, die je kaputt­ge­macht wur­den. Anders aus­ge­drückt, und das beschreibt unse­ren Ansatz im Buch ganz gut: Es gab in die­sem deut­schen Som­mer die hei­te­ren Spie­le und die wei­te­ren Spie­le. Dazwi­schen lag eine Zäsur – eine Wun­de, die bis heu­te schmerzt. Sehr berührt hat uns hier das aus­führ­li­che Gespräch mit Ittai Tama­ri, damals jun­ger Olym­pia-Tou­rist aus Isra­el und heu­te Lei­ter des Zen­tral­ar­chivs zur Erfor­schung der Geschich­te der Juden in Deutschland.

Wel­che beson­de­ren Erin­ne­run­gen und Emo­tio­nen ver­bin­den Sie per­sön­lich mit den Olym­pi­schen Spie­len 1972?

Das Buch zu schrei­ben und heu­te die Held:innen von damals zu tref­fen, war für mich per­sön­lich qua­si der zwei­te Trip zu den Olym­pi­schen Spie­len von Mün­chen. Bei der ers­ten Rei­se 1972 fuh­ren mei­ne Eltern mit mir als Dreijäh­ri­gem vom Nie­der­rhein spon­tan mit dem Nacht­zug nach Mün­chen, um Olym­pia haut­nah zu erle­ben. Vor­mit­tags sahen wir dann Vor­läu­fe der Leicht­ath­le­tik im Olym­pia­sta­di­on mit dem berühm­ten Zelt­dach. Spä­ter schlief ich auf einem Hügel im Olym­pia­park fried­lich in der Son­ne ein. Für mei­ne Eltern war das der schöns­te Moment von Mün­chen 72.

Mar­kus Brauck­mann ist Autor und Regis­seur. Nach Stu­di­en in Ber­lin und den USA arbei­te­te der Poli­to­lo­ge für RTL und Pro­Sie­ben sowie in meh­re­ren Bun­des­tags­wahl­kämp­fen. Sei­ne TV-Doku­men­ta­tio­nen wur­den im In- und Aus­land mehr­fach mit Prei­sen aus­ge­zeich­net. Zuletzt gewann er die „Romy“ für sei­nen Film über Niki Lau­da. Mar­kus Brauck­mann lebt in Köln.