Was tun, wenn’s knistert und kracht? Im Rahmen der Ausbildung von Demokratietrainer/innen und Demokratieberater/innen fand jetzt das erste Modul der zweiten Ausbildungsreihe des TSB-Projekts „SPORTVERBÄNDE – STARK FÜR DEMOKRATISCHE WERTE“ statt. Vom 30. Juni bis 2. Juli 2023 stand in der TennisBase Oberhaching das Modul „Konfliktmanagement“ auf dem Programm.
Als Referenten konnten sich die 11 Teilnehmer/innen dazu von hochkarätigen Experten inspirieren lassen und sich untereinander austauschen: Uli Günther aus dem Projektteam ist Diplom-Pädagoge, Anti-Aggressivitäts- und Coolness-Trainer (IKD) sowie ausgebildete Fachkraft Täterarbeit in Fällen häuslicher Gewalt (BAG). Darüber hinaus ist Uli auch Trainer einer Jugendvolleyball-Mannschaft. Er kennt sich also aus sowohl im Konfliktmanagement wie auch in der Sport- und Vereinsarbeit.
Der zweite Referent Uwe Augustin ist gelernter Politologe, Historiker und Kommunikationstrainer. Er hat dabei viele unterschiedliche Themen im Blick, wie zum Beispiel Rassismus und Extremismus, Sexismus und sexualisierte Gewalt sowie Kommunikation und Konflikte. Sein Ziel ist es, Sportler/innen die Möglichkeiten und Chancen aus Teilhabe im Demokratischen Alltag aufzuzeigen, Handwerkszeug zur Entwicklung einer eigenen Haltung in Bezug zu antidemokratischen Tendenzen mitzugeben und neue Wege zur Konfliktlösung aufzuzeigen.
Ins Handeln kommen
Dazu lud das Ausbildungsmodul Konfliktmanagement die Teilnehmer/innen zu einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Thema ein. Über allem stand die Frage: Was kann/ will ich lernen im Umgang mit Konflikten? Auf den Punkt gebracht lautet die Antwort: Selbst tun heißt Erfolg haben.
Doch der Reihe nach. Zunächst ging es im Ausbildungsmodul erst einmal um die Klärung, was überhaupt ein Konflikt ist – und was nicht. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen: „confligere“ – zusammenstoßen, kämpfen. Die wissenschaftliche Definition nimmt darüber hinaus die Beteiligten und ihre Gefühlslagen genauer in den Blick: „Ein Konflikt ist eine mindestens von einer Seite als emotional belastend und/oder sachlich inakzeptabel empfundene Interaktion, die durch eine Unvereinbarkeit der Verhaltensweisen, der Interessen und Ziele sowie der Annahmen und Haltungen der Beteiligten gekennzeichnet ist.“
Von der Theorie in die Praxis
Doch wie geht man damit im Alltag um? Genau um diese Frage ging es in dem Ausbildungsmodul. Die Teilnehmer/innen konnten dazu mehrere „Werkzeuge“ in Vorträgen, Diskussionen und Übungen nicht nur kennenlernen, sondern gleich auch ausprobieren. Zum Beispiel in der Selbstreflexion „Anders denken lernen!“ Dazu gehört, sich in einer spannungsgeladenen Situation klarzumachen: „Ich kann einen anderen Menschen (oder manche Situationen) nicht verändern. Aber ich kann verändern, wie ich mit dessen Verhalten oder der Situation umgehe.“ Es fühlt sich schon gleich ganz anders an, wenn der „Mind-Changer“ aktiviert wird: „Statt zu sagen: der, die oder das nervt mich und die Konfliktspirale weiter in Gang zu halten, probierten die Teilnehmer/innen, wie es sich anfühlt zu sagen: Ich mache mich erst mal locker, überlegt oder ausgeglichen. Zum Beispiel durch positive Gedanken und die Lust auf das Lösen des Knotens. Mit anderen Worten: Es kommt im Managen von offenen, verdeckten, heißen oder kalten Konflikten immer auf bewusste Perspektivwechsel an, um aus einem Konflikt in ein konstruktives Miteinander zu kommen.
Uwe Augustin erarbeite dazu mit den Teilnernehmer/innen, wie es gelingt, die Dynamik von Konflikten und die Prozesse, die bei Konflikten ablaufen, besser verstehen. Und wie sie das eigene Handlungs-Repertoire im Umgang mit Konflikten erweitern und lernen, Konflikte überzeugend(er) und professionell(er) zu lösen.
Emotionen kontrollieren
Dies ist nicht zuletzt eine Frage der Persönlichkeit und der Selbstreflexion der Konfliktmanager/innen. Dabei muss beispielsweise jede und jeder für sich klären, wie im Konfliktfall die eigenen persönlichen Emotionen in den Griff zu bekommen sind. Und wie Konfliktpartner dazu gebracht werden können, sich dem Konflikt tatsächlich auch so zu stellen, ohne dass sie dies als Angriff auf die eigene Person zu verstehen.
All dies hängt natürlich immer vom Grad der Beziehungsstörung ab. Eine Kabbelei oder Frotzelei hat eine andere Qualität der Belastung als eine Meinungsverschiedenheit, ein Streit oder ein offener Konflikt.
All dies konnten die Teilnehmer/innen des Ausbildungsmoduls gemeinsam mit den Referenten an realen, erlebten Konflikten im Sport Revue passieren lassen. Daraus entwickelten sich quasi „automatisch“ Erkenntnisse für ein eigenes, erfolgreiches Konfliktmanagement. Diese neu erworbene oder vertiefte Kompetenz kann dann sowohl bei Konflikten innerhalb von Gruppen, zwischen Einzelpersonen und entsprechende Situationen beim Training, in Versammlungen und Veranstaltungen nutzbar gemacht werden.
Wertvolle Inhalte für den eigenen Konfliktlösungskoffer
Hilfreich ist dabei die 9‑stufige Konfliktskala, eine Art Ampel, die einem hilft, die Schwere eines Konfliktes zu ermessen und das mögliche Reaktions-Repertoire zu aktivieren. Spannend war für die Teilnehmer/innen auch, den eigenen „roten Knopf“ zu benennen und zu erkennen, was einen in Fahrt bringt und so aufregt, dass für eine „vernünftige“ Auseinandersetzung kein Raum bleibt. Gerade dann sind Handlungsalternativen gefragt, die im Ausbildungsmodul aufgezeigt und diskutiert wurden.
Mediation als „Königsdisziplin“ der Konfliktlösung stand gegen Ende der Veranstaltung auf dem Programm. Ein anschauliches 5‑Phasen-Modell konnten die Teilnehmer/innen in ihren „Werkzeugkoffer“ als angehenden Konfliktmanager/innen aufnehmen.
Das Fazit von Teilnehmer/innen und Dozenten: Das Ausbildungsmodul Konfliktmanagement ist eine überaus spannende (Selbst-)Entdeckungsreise beim Umgang mit Konflikten und deren Lösungen. „Das ist in unseren oft aufgeheizten Zeiten Lernen fürs Leben – nicht nur für den Sport. Zur Nachahmung empfohlen.“