ltur und kultureller Austausch in Vereinen und Verbänden stehen im Mittelpunkt des Ausbildungsmoduls „Interkulturelle Kompetenz“. Ein- und Ausblicke zu einem ganz besonderen Wochenende in Bayreuth.
In der Vielfalt liegt die Kraft. Das ist ein grundlegendes Prinzip in offenen Gesellschaften. Und ganz besonders auch im Sport, in dem sich das gesamte kulturelle Spektrum unserer Lebenswirklichkeit widerspiegelt. Für Menschen in Vereinen und Verbänden gehört die Begegnung von Kulturen und der damit einhergehende konstruktive Austausch untereinander genauso zum Alltag wie sportfachliche und organisatorische Fragestellungen. Und genau darum geht es im Modul „Interkulturelle Kompetenz“ als Baustein zur Qualifikation von Demokratietrainer/innen und Demokratieberater/innen.
TEAM Sport-Bayern hatte dazu Mitte September nach Bayreuth eingeladen. Eine kleine, feine Gruppe mit sechs Teilnehmer/innen aus verschiedenen Verbänden hatten sich von Freitag bis Sonntag auf eine überaus spannende und erkenntnisreiche „Kulturreise“ begeben. Ihre „Reiseleiter“, die Sportmanagerin, Trainerin, Coach und Mentorin Ulrike Bracht und der Antigewalttrainer, Antirassismus- und Antisemitismus-Beauftragte Daniel Maas, hatten einen umfassend bestückten Methodenkoffer mitgebracht, um das anspruchsvolle Thema leicht und anschaulich zu vermitteln.
Spielerisch in Handeln kommen
Im Vordergrund stand dabei eine spielerische Vermittlung, bei der die Teilnehmenden vom Nachdenken über das Trennende und Verbindende von Kulturen direkt ins Handeln gebracht wurden. Das Ziel: individuelle Orientierungshilfe insbesondere für Konfliktsituationen im Verband und Verein.
Ausgangspunkt war dabei die Klärung der Frage, warum interkulturelle Kompetenz: für unsere Vereins- und Verbandslandschaft überhaupt wichtig ist? Die Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikationswissenschaftlerin Prof. Stefanie Rathje hat dazu einmal Interkulturelle Kompetenz als die Fähigkeit bezeichnet, „in Situationen fehlender kollektiver Zugehörigkeit Normalität herzustellen, Inklusion zu ermöglichen und Kultur zu produzieren“. Dabei komme es oft auch darauf an, mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Handlungsweisen zu ertragen. Die Wissenschaft hat dafür den (zugegebenermaßen etwas sperrigen) Begriff Ambiguitätstoleranz (nach dem lateinischen ambiguitas = Zweideutigkeit, Doppelsinnigkeit, Doppeldeutigkeit) geschaffen.
Wie ein Fisch im Wasser
Fons Trompenaars, ein niederländisch-französischer Wissenschaftler im Bereich der interkulturellen Kommunikation, greift bei seiner Definition von Kultur zu einem einfachen Bild: „Ein Fisch spürt erst dann, dass er Wasser zum Leben braucht, wenn er nicht mehr darin schwimmt. Unsere Kultur ist für uns wie das Wasser für den Fisch. Wir leben und atmen durch sie.“
Die sich daraus ergebende Notwendigkeit von Kultur und interkultureller Kommunikation in Vereinen und Verbänden „übersetzte“ die Gruppe in praktische Aufgaben und spielerisches Handeln. Dazu beschrieb sie bestimmte kulturelle Herausforderungen als „Stolpersteine“. Zum Beispiel, wenn sprachliche Unterschiede nicht erkannt werden. So können Wörter auch bei direkter Übersetzung in eine andere Sprache eine andere Bedeutung haben. Oder wenn wir zu vorschnellen Beurteilungen und Bewertungen neigen. Die Erfahrung zeigt, dass wir Menschen selten neutral gegenüber auftreten. Stattdessen bewerten wir das Verhalten des Gegenübers vor dem Hintergrund unseres Normalitätsspektrums. Die Selbsterkenntnis und das Eingestehen von eigenen „Kulturschocks“, etwa wenn wir in einer fremden Kultur feststellen, dass unsere vertrauten Maßstäbe nicht mehr gelten, sind Voraussetzung für die Entwicklung interkultureller Kompetenzen.
Jeder Mensch ist anders – und darf das auch sein
Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass jeder Mensch anders ist und damit auch unterschiedliche Voraussetzungen für Kommunikation und Austausch mitbringt. Fons Trompenaars beschreibt dies sehr anschaulich im Pfirsich- und Kokosnussmodells, das auf Überlegungen des Psychologen Kurt Lewin basiert.
Mit dem Bild von Pfirsichen und Kokosnüssen soll gezeigt werden, welche Möglichkeiten Menschen unterschiedlicher Kulturkreise haben, Persönliches von sich preisgeben. Die eine Gruppe ähnelt dem Pfirsich mit kleinem, hartem Kern, umgeben von üppigem, weichem Fruchtfleisch. Solche Menschen plaudern in ungezwungener Atmosphäre eher über Privates als die Vertreter der Kokosnuss-Community. Deren harte Schale schließt sich wie ein Panzer um einen weichen Kern. Erst wenn diese harte Nuss geknackt ist, gelangt man zum Inneren, aus dem dann eine verbindliche Freundschaft aufgebaut werden kann.
Die Perspektive wechseln – sich selbst erfahren
Aus all dem ergaben sich für die Teilnehmenden über das Wochenende unterschiedliche Strategien und Konzepte für eine gedeihliche interkulturelle Kommunikation. In verschiedenen, oft witzigen und kurzweiligen spielerischen Übungen im „Culturatorium“ schlüpften die angehenden Demokratietrainer/innen immer wieder in unterschiedliche Rollen, um aus immer neuen Perspektivwechseln ihr eigenes Verständnis für Situationen und Menschen zu schärfen und so ihre Handlungsmöglichkeiten gerade in Konfliktsituationen zu erweitern.
Den Abschluss des Wochenendes bildete eine Supervision durch den TSB-Projektpartner GesBiT, der Gesellschaft für Bildung und Teilhabe mbH. Stefan Puppe (eigenständiger Supervisor) war dazu eigens nach Bayreuth gekommen, um gemeinsam mit den Teilnehmenden das Erlebte und Erfahrene Revue passieren zu lassen und die Bedeutung für die Arbeit in Verband und Verein einzuordnen.
Die Bilanz der Teilnehmenden und der Referent/innen: ein tolles Ausbildungsmodul mit großer Relevanz für den sportlichen und gesellschaftlichen Alltag. Unbedingt empfehlenswert.