Baris­ta: Wenn etwas nicht klappt, der Motor der Wirt­schaft ins Sto­cken gerät oder es in der Ver­wal­tung ein­fach nicht vor­an­ge­hen will, ist der Schul­di­ge schnell aus­ge­macht: die Büro­kra­tie. Sie beschäf­ti­gen sich ja im Auf­trag der Staats­re­gie­rung mit deren Abbau. Was sind denn eigent­lich deren Stär­ken, an denen es sich doch immer noch fest­zu­hal­ten lohnt?

Wal­ter Nussel: Regeln gehö­ren im Sport dazu. Das betrifft die Spiel­re­geln, Fair Play und die Grund­sät­ze des Team­play und des inte­gra­ti­ven Mit­ein­an­ders. Das ist gelernt und akzep­tiert. Dafür braucht es auch einen admi­nis­tra­ti­ven Rah­men. Wir müs­sen dabei aller­dings weg vom Pri­mat der Ein­zel­fall­ge­rech­tig­keit mit einer all­um­fas­sen­den, hun­dert­pro­zen­ti­gen Regel­aus­ge­stal­tung hin zur Stär­kung des eigen­ver­ant­wort­li­chen Han­delns, das Ermes­sens­spiel­räu­me zulässt und Baga­tell­gren­zen ein­be­zieht. Den Ver­ant­wort­li­chen im Sport und Ehren­amt, den Vor­stän­den, Trai­nern und Betreu­ern müs­sen wir mehr Frei­heit geben. Jedes admi­nis­tra­ti­ve Rah­men­werk braucht immer Maß und Ziel. Das heißt dann eben auch, die Kir­che im Dorf las­sen, wie wir in Bay­ern sagen.

Bei Anträ­gen auf För­de­rung ver­ste­hen Nicht-Ver­wal­tungs­ju­ris­ten oft nur Bahn­hof. Wie kann gera­de auch Ehren­amt­li­chen im Sport das Leben leich­ter gemacht werden?

Ich war selbst 14 Jah­re Ver­eins­vor­sit­zen­der im FC Her­zo­gen­au­rach. Da ich gewis­ser­ma­ßen am eige­nen Leib erfah­ren bin, wie wich­tig die all­ge­mei­ne Ver­ständ­lich­keit und der tat­säch­li­che Pra­xis­be­zug von Anträ­gen sind. Ein Ver­eins­vor­sit­zen­der muss auch noch ohne juris­ti­sches Staats­examen För­der­an­trä­ge und deren Umset­zung mit Ver­wen­dungs­nach­wei­sen durch­schau­en kön­nen. Hier muss das Regel­werk ein­fa­cher und pra­xis­nah sein. Wenn es aber immer mehr Auf­la­gen und admi­nis­tra­ti­ve Hür­den gibt und die Ver­ant­wort­li­chen dann womög­lich auch noch an ihrem Pri­vat­ver­mö­gen haf­ten sol­len, wird es irgend­wann kei­ne Ver­eins­vor­sit­zen­den mehr geben. Das müs­sen wir verhindern.

Was konn­ten Sie zum Büro­kra­tie­ab­bau im Sport bis­her schon errei­chen und was haben Sie sich noch auf die Fah­nen geschrieben?

Als es in der Pan­de­mie um die Exis­tenz von Ver­ei­nen ging, haben wir uns in der Staats­re­gie­rung zusam­men­ge­setzt und nach einer Sofort­lö­sung mit mini­mals­tem admi­nis­tra­ti­ven Auf­wand gesucht. Ohne viel Hin und Her haben wir die För­de­rung ein­fach ver­dop­pelt. Für die­sen Prag­ma­tis­mus und die­se Weit­sicht bin ich unse­rem Sport­mi­nis­ter Joa­chim Herr­mann sehr dank­bar. Ins­ge­samt set­ze ich mich dafür ein, dass wir uns nicht mit immer mehr Regu­la­ri­en von den auch noch aller­letz­ten Risi­ken frei­kau­fen wol­len. Dann ist die Gefahr groß, dass gera­de im Ehren­amt das Maß des Leist­ba­ren über­schrit­ten wird und nie­mand mehr für Ver­ei­ne, Sport und Gemein­schaft in die Ver­ant­wor­tung gehen will. Das dür­fen wir nicht zulas­sen. Dafür sind Ver­ei­ne und Sport zu wich­tig für die Gesell­schaft und unse­ren sozia­len Frie­den. Es braucht bei allem Maß und Ziel. Dafür wer­be ich, jeden Tag und mit gro­ßer Beharrlichkeit.

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